Oder: Wie viele Stiegen kann es auf einer einzigen Wanderung eigentlich geben?
The Mountains are calling
So schön uns das Leben in der Stadt am See Pokhara gefallen hat, nach ein paar Tagen haben die Berge laut nach uns gerufen, deren Gipfel sich uns allmorgendlich vom Balkon unserer komfortablen Unterkunft aus darboten.
Kurz recherchiert, schlug Alfred eine fünftägige Wanderung im Annapurnagebiet vor, deren Höhepunkt der Sonnenuntergang vom 3.210 m hohen Poon Hill darstellt.
Dieses Mal ohne Träger oder Guide, dafür mit aller Zeit der Welt – und dem eigenen Gepäck am Rücken.
Also hinein in den Local Bus nach Birethanti, im TIMS Office und bei der Tourist Police registriert*, und auf los geht‘s los.


Los!
Die ersten beiden Tage erklommen wir je 1.000 Höhenmeter, was aufgrund unserer guten Akklimatisierung vom Manaslu-Gebiet aber kein Problem war. Wir konnten unser Tempo ja frei wählen, blieben regelmäßig stehen, um Fotos zu machen oder einfach um die fast unwirklich schöne Landschaft zu bewundern, in der wir uns bewegten.

Wir starteten umgeben von Bananenpalmen und Mandarinenbäumen, die bald von haushohen Bambussträuchern abgelöst wurden. Wieder waren die Felder an den steilen Hängen in Terrassen angelegt und wurden von Hand bestellt.
Immer wieder überquerten wir Hängebrücken, neben tosenden Wasserfällen, unter welchen die Gebirgsbäche unter uns hinwegschossen.

Unsere erste Nacht verbrachten wir in Ulleri, zu Sonnenaufgang, erstrahlte der Himal Chuli im Morgenlicht.
Bis hierhin hatten wir bereits tausende an Steinstiegen bewältigt und es sollten noch viele viele mehr werden, bis wir wieder in den Bus zurück nach Pokhara stiegen 😀
Hinauf nach Ghorepani, das wir deutlich früher als gedacht erreichten.
Poon Hill
Der nächste Tag startete bereits vor 5 Uhr früh mit langer Unterwäsche, warmen Handschuhen, dicken Jacken, Stirnlampe und aufgeladenen (!) Kameraakkus. Wir erklommen weitere 300 Höhenmeter und waren unter den ersten Personen, die sich auf dem Gipfel des Poon Hills eingefunden hatten, als der Horizont gerade begann lichter zu werden.

An einem perfekten Platz ganz am Ende des Aussichtsbereich bereiteten wir unsere Kameras vor, während wir den Himmel beobachteten. Langsam zeichneten sich die Silhouetten der ersten Berge ab. Die Stimmung wurde von Minute zu Minute surrealer.

Sunrise
Und dann stehst du plötzlich da, völlig ergriffen von dem Naturschauspiel, das gerade vor dir passiert, als wäre es das normalste auf der Welt. Und das ist es auch, denn die Sonne geht hier jeden Tag so auf – unabhängig davon, ob sie von Wanderern dabei beobachtet wird oder nicht.
Vielleicht vergisst du für ein paar Minuten, dass du eigentlich Fotos machen wolltest, um diesen besonderen Moment für zuhause einzufangen. Stehst einfach da und schaust.
Nach vorne – auf die gewaltigen Südwände von Annapurna I und Annapurna Süd, quasi auf Augehöhe, deren Umrisse immer klarer zu erkennen sind und die durch die zunehmende Stärke des Lichts an Tiefe gewinnen.

Nach links, auf den Doppelgipfel des Machhapuchhare, der dem Berg seinen Namen gibt („Fishtail Mountain“ – Machha = Fisch, Puchhare = Schwanz), der langsam vom Dunkelblau über Orangerot in strahlendes Weiß wechselt.
Nach rechts, wo das Dhaulagirimassiv im Tempo des aufgehenden Sonne langsam von oben nach unten im morgendlichen Glanz erstrahlt.

In die nebelverhangenen Täler dazwischen.

Dabei vergessen wir die vielen hundert Menschen um uns herum, die dieses fantastische Schauspiel mit uns teilen.
Weiter geht‘s
Irgendwann, als die Sonne viel höher steht, reißen wir uns doch los, frühstücken und schultern unsere Rucksäcke, um dem weiteren Weg zu folgen. Wieder sind zwei Pässe zu überschreiten, dann geht es endgültig abwärts.

Durch scheinbar unberührte Urwälder, die eine verwunschen-mystische Stimmung innehaben, in deren moosbewachsenen Bäumen sich unbekannte Vögel und behende Affen tummeln. Immer wieder bleiben wir stehen, um die Stille in uns aufzusaugen und durchzuatmen. Ein…und Aus.

Als wir an unserem Tagesziel Tadapani ankommen, sind wir noch nicht genug gewandert und marschieren zwei weitere Stunden bis Ghandruk, wo wir die vielleicht komfortabelste Unterkunft mit dem vielleicht freundlichsten Personal aller Wanderungen in Nepal beziehen.

Mit den Annapurnas und Himal Chuli im Rücken steigen wir am nächsten Tag ab nach Birethanti, von wo aus wir zurück nach Pokhara fahren.

Die wunderschönen Erinnerungen und die einmaligen Eindrücke der vergangenen Tage machen den schmerzhaften Muskelkater (auch im Abstieg gab es unzählige Stufen) mehr als wett und wir suchen bereits nach unserer nächsten Wanderung.
*Alle Wanderer sind verpflichtet, sich ein TIMS Permit (Trekkers‘ Information Management System) zu besorgen. Auf Wanderungen in ein Conservation oder Restricted Area sind darüber hinaus weitere Permits fällig, die im Laufe der Wanderung auch regelmäßig registriert werden müssen – auch zur Sicherheit der Wanderer, da so im Falle des Falles relativ einfach nachzuvollziehen ist, in welcher Gegend sich die Person zuletzt aufgehalten hat. Im TIMS Büro wirst du quasi ein- bzw. ausgecheckt, die Police Checkpoints überwachen deine ungefähre Position. Beide führen die Listen, die Namen, Nationalität, Passnummer und geplante Route beinhalten, übrigens händisch in einem Buch oder Heft.
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